BischofHannaEin Grüppchen steht vor der Gröpelinger Andreaskirche beisammen: Mitglieder der evangelischen Gemeinde und einige Gäste aus der Syrisch-Orthodoxen Gemeinde Delmenhorst. Darunter eine prächtige Erscheinung im Bischofsornat, es ist Mor Julius Hanna Aydin, der seinen erzbischöflichen Amtssitz seit zwei Jahren in Bremens Nachbarstadt hat.
Bischof Dr. Hanna Aydin ist so etwas wie der Ökumene-Bischof dieser altorientalischen Kirche, deren älteste Kirchen aus dem 4. Jahrhundert stammen. Das Ehepaar Schwertfeger übernimmt es, den Gästen die Andreaskirche zu zeigen. Sie ist eine der ersten nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Notkirchen Bremens.

ErtrinkenderPetrus Als sie 1949/1950 nach einem Plan des Architekten Otto Bartning erbaut wurde, lagen die Wohnstraßen des Bremer Westens noch größtenteils in Schutt und Asche. Die Andreaskirche wurde aus einfachen Materialien, auch aus Trümmerziegeln, zum Teil in Eigenarbeit von Gemeindemitgliedern errichtet. Ein Krieg – furchtbar wie der, vor dem heute aramäische Christen aus Syrien fliehen -hatte damals zigtausende Bremer obdachlos gemacht. Dass Christen auch in scheinbar auswegloser Lage aus der Hoffnung leben, zeigt eindrucksvoll das Steinrelief über dem Kircheneingang: Petrus, im Begriff unterzugehen, wird von Jesus aus den Fluten aufgeholfen.. Im schlichten Kirchenraum beeindruckt die Gäste vor allem das Taufbecken aus frühromanischer Zeit unter einer Ikone des heiligen Andreas. Der mit einem modernen Kupferdeckel versehene Taufstein stammt aus der im Krieg zerstörten Gröpelinger Dorfkirche. Bischof Hanna erinnert er an die Taufen in den eigenen Kirchen. In der Orthodoxie ist seit altersher ein tiefes Untertauchen der Täuflinge üblich..
HannaAndreasNach einer klangvollen Präsentation der Führerorgel begeben sich Gäste und Gastgeber/-innen hinüber in den Gemeindesaal, wo gedeckte Tische, eine Linsensuppe und angeregte Gespräche auf warten. An jedem Tisch das gleiche Bild: Fragen über Fragen an die Gäste aus der Ökumene. Der Erzbischof begrüßt einen alten Bekannten aus Studienzeiten. Mit Andreas Weber-Sordon, früher Referent im Katholischen Bildungswerk, hat er in Münster bei Professor Josef Ratzinger, dem späteren Papst, studiert.

PastorinIsaBilenGeduldig, kenntnisreich, mit Weisheit und Humor werden viele Fragen der Gastgeber/-innen beantwortet: Delmenhorst ist eines der Zentren syrisch-orthodoxen Lebens in Deutschland. Die meisten der dort lebenden Gemeindemitglieder oder deren Familien stammen aus einer Gegend in Südostanatolien, etwa 50 km von der syrischen Grenze entfernt. Heute tobt dort ein erbittert geführter Bürgerkrieg zwischen der der türkischen Armee und der kurdischen PKK, in dessen Kampfhandlungen keine der beiden Seiten Rücksicht nimmt auf die uralten christlichen Kirchen und Klöster der Region. Die meisten Syrisch-Orthodoxen mussten – nicht erst in jüngster Zeit – ihre Heimat verlassen.

Gruppenbild

Die Delmenhorster Gäste sind stolz darauf, dass sie hierzulande ihren Glauben leben und ihre uralte Tradition pflegen und zugleich sehr gut integriert in die deutsche Zivilgesellschaft sind. Herr Celik, Rechnungsführer der Gemeinde, erteilt im Auftrag der niedersächsischen Schulbehörde syrisch-orthodoxen Religionsunterricht an einer katholischen Schule. Er sagt: „Wir leben hier gern und wissen den Frieden und die Demokratie hier zu schätzen. Unsere Kirche lebt seit 1700 Jahren in der Minderheit. So haben wir gelernt uns anzupassen.“

Bischof Hanna Aydin lädt seine Gröpelinger Tischgesellschaft zu einem Besuch in Delmenhorst ein. Die prächtigen Gottesdienste werden an einem normalen Sonntag von ca. 200 Familien besucht. Davon kann die Evangelische Gemeinde Gröpelingen-Oslebshausen mit ihren fast 9000 Gemeindegliedern nur träumen. Zum Abschluss nehmen alle Aufstellung für ein Gruppenfoto. Der Erzbischof bekommt von Pastorin Konowalczyk-Schlüter den Staffel-Pilgerstab übergeben und zieht aus der dargereichten Schatulle das Los: Die katholische Pfarrei St. Katharina v. Siena aus dem Bremer Nordosten wird sich auf den Weg nach Delmenhorst machen. Angestrebt wird ein Termin „zwischen Ostern“ – nämlich unserem Osterfest und dem dieses Jahr fünf Wochen später liegenden orthodoxen Osterfest.

Ottmar Hinz für die Staffel-AG / Fotos: Kerstin Thompson