Die beste Art, der Reformation zu gedenken, sei der ökumenische Dialog und das gemeinsame Engagement für eine Theologie der Freiheit. Das sagte der ökumenische Patriarch Bartholomaios in einer Rede am 30. Mai in der Tübinger Stiftskirche. In einer akademischen Feier verlieh die Evangelisch-theologische Fakultät der Universität Tübingen dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxen Kirche die Ehrendoktorwürde. Bartholomaios besuchte auf Einladung der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Evangelisch-theologischen Fakultät Stuttgart und Tübingen.

Bartholomaios rief in seiner Festrede dazu auf, den ökumenischen Dialog zwischen den Konfessionen zu stärken und die Ergebnisse der bisher geführten Dialoge auf allen Ebenen der Kirchen aufzugreifen und zu studieren. Der Patriarch betonte insbesondere die Freiheit als das verbindende Element der Kirchen. Martin Luther sei es zu verdanken, dass die Freiheit als besonderes Merkmal des christlichen Glaubens verstanden werden könne. Dieses Freiheitsverständnis sei auch wichtig für den Dialog der Kirche mit der modernen Welt, so der Patriarch. Die Orthodoxe Kirche habe dies in den Texten des Heiligen und Großen Konzils 2016 aufgegriffen, wenn sie es als notwendig ansehe, das Gespräch mit der säkularen Welt noch offener zu führen. Der Patriarch betonte das gemeinsame Anliegen der Orthodoxen Kirche und der Kirchen der Reformation, sich auf die altchristliche Tradition und die Heiligen Schrift zu beziehen. Das Reformationsjubiläum könne Anlass dafür sein, diese gemeinsamen Bezüge neu zu betonen und seitens der Kirchen der Reformation einen neuen Zugang zur Orthodoxie zu gewinnen.

Zum ökumenischen Dialog sah der Patriarch in seiner Rede keine Alternative. Durch den Dialog würden sich die Kirchen besser kennenlernen und ihre eigene Identität erst richtig verstehen können. „Verschlossenheit und Ablehnung des Dialogs ist die Folge einer falschen Einschätzung der eigenen Identität“, sagte Bartholomaios. Das Ziel des Dialoges müsse die sichtbare Einheit der Kirchen bleiben. Von Beginn der ökumenischen Bewegung an habe sich die Orthodoxe Kirche für den Dialog eingesetzt und ihn mitgestaltet. Dabei habe man viel voneinander gelernt. Bartholomaios würdigte insbesondere die gewachsene Wertschätzung der Eucharistie in den Kirchen der Reformation. Darin liege noch viel Potenzial, ein gemeinsames Verständnis von Kirche und Gemeinschaft zu entwickeln.

Die Evangelisch-theologische Fakultät ehrte Bartholomaios für seinen unermüdlichen Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, betonte der Dekan der Theologischen Fakultät, Michael Tilly, in seiner Laudatio. Bartholomaios sei ein authentischer Zeuge der Botschaft des Evangeliums und habe mit seinem Engagement für das ökologische Engagement der Christen wesentliche Zeichen gesetzt. Zudem habe der Ökumenische Patriarch sich im ökumenischen Dialog in großartiger Weise engagiert und das Miteinander der Konfessionen gestärkt.

An die Verleihung der Ehrendoktorwürde schloss sich eine Konferenz zum Thema „Freiheit aus orthodoxer und evangelischer Sicht“ an, mit der an die ersten Kontakte zwischen der Tübinger Fakultät und dem Ökumenischen Patriarchat in Konstantinopel im 16. Jahrhundert erinnert wurde.